Mensch mit Behinderung und Betreuerin in Küche Ambulant Betreutes Wohnen

27. Mai 2024

BTHG-Umsetzungsbegleitung im Ambulant Betreuten Wohnen

Die Strategie zur Systemumstellung

Um im Ambulant Betreuten Wohnen auch zukünftig bedarfsgerechte Angebote machen zu können, werden marktgerechte und refinanzierbare Dienstleistungsportfolios erforderlich.

Der durch das BTHG veranlasste organisatorische Wandel ist fundamental und erfordert einen grundlegenden Kulturwandel in der Steuerung von Einrichtungen der Eingliederungshilfe. Hierbei Fehler zu machen, kann für den Leistungsanbieter existenzgefährdend sein.

Um wirtschaftliche Nachhaltigkeit sicher zu stellen, wird eine grundlegende, strukturierte Überprüfung aller Leistungen notwendig. Das wird gerade im ambulanten Bereich desto notwendiger, als der Markt der Eingliederungshilfe zukünftig deutlich niedrigere Markteintrittsschwellen aufweisen und damit wettbewerbsorientierter ausgerichtet sein wird. Schon jetzt empfehlen Verbände ambulanter Pflegedienste ihren Mitgliedern das Ambulant Betreute Wohnen mit Pflege- und Betreuungsleistungen als neuen Markt.

Neuausrichtung

Daher sollten nur Leistungsangebote in den geforderten Fachkonzepten beschrieben werden, die im zukünftigen Markt auch wettbewerbsfähig und wirtschaftlich darstellbar sind. Fachkonzepte bilden die Grundlage der Vergütungsverhandlungen. Damit legen sich Leistungsanbieter fest.

Der Prozess strategischer Neuausrichtung kann über folgende Schritte strukturiert werden:

  1. Organisationsanalyse
  2. Marktanalyse
  3. Neukonzeptionierung des Leistungsangebots
  4. Formulieren des Fachkonzeptes
  5. Leistungskalkulation
  6. Vergütungsverhandlung
  7. Organisations- und Personalentwicklung

Die Organisationsanalyse erfasst, zumindest stichprobenartig, die Bedarfe der aktuellen Klientel auf Basis ICF, Pflegegraden und mit Hilfe der lokal vorgesehenen Teilhabeplanungssoftware (in NRW z. B. BEI_NRW). Darüber hinaus werden vorhandene personelle und sachliche Ressourcen im Guten und im Schlechten bewertet. Auch entsprechende Kostenstrukturen sollten schon an dieser Stelle gesichtet werden.

Die Marktanalyse nimmt den Sozialraum der potenziell zu betreuenden Menschen in den Blick. Die Evaluation von Bedarfen und der Infrastruktur führt zu konkret nachgefragten Angeboten und regionalen Vernetzungsmöglichkeiten.

Die in der Markt- und Organisationsanalyse ermittelten Stärken, Schwächen, Chancen und Bedrohungen bilden die Grundlage für die zukunftsorientierte Neukonzeptionierung des Leistungsangebotes.

Ausgehend eines marktgerechten Leistungsportfolios werden Leistungsprozesse beschrieben und definierte Leistungsmodule im Sinne einer Prozesskostenrechnung mit Sach- und Personalkosten hinterlegt. Erst auf dieser Basis ist entscheidbar, ob die Leistung kostendeckend zu marktfähigen Preisen angeboten werden kann.

Gleichzeitig liefern die ermittelten Daten Inhalte für die vom Leistungsträger geforderten Fachkonzepte. Es sind fachgerechte Begründungen für das geplante Leistungsangebot gefragt. Verhandelt werden zunächst nur die Fachkonzepte. Sind diese vereinbart, folgt die Vergütungsverhandlung. Leistungen, die im Fachkonzept dann nicht vereinbart sind, stehen auch nicht mehr zur Vergütung an, egal, ob es dazu einen Bedarf bei den Leistungsempfängern gibt oder nicht!

In der Vergütungsverhandlung werden Leistungsanbieter die kalkulierten Preisangebote an gängigen Marktpreisen messen. Zu erwarten ist, dass der preisliche Verhandlungsspielraum dabei gering sein wird.

Organisationsentwicklung

Zu guter Letzt erfordert die Umsetzung der neuen, BTHG-gerechten Leistungsstruktur eine Neuausrichtung des Kunden- und Dienstleistungsmanagements. Grundhaltungen und Rollen der beteiligten Mitarbeiter müssen neu ausgerichtet werden. Dieser, vom BTHG ja beabsichtigte Kulturwandel zieht Organisations- und Personalentwicklungsprozesse nach sich, die ebenso strukturiert und schrittweise ausgerollt werden sollten.

Es ist zu erwarten, dass die durch das BTHG induzierte fundamentale Neuausrichtung Gewinner und Verlierer haben wird. Auf Grund der Erfahrungen in unseren Pilotprojekten sind wir aber sicher, dass der Systemwechsel in der Eingliederungshilfe zu bewältigen ist. Voraussetzung wird ein strukturiertes und gleichzeitig ambitioniertes Herangehen sein.

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